"Nachhaltigkeit braucht Lebenszyklus.
Lebenszyklus braucht Prozessinnovation."
Aktuelles

BIM Panel-Diskussion: Was ist der Mehrwert für Errichter und Betreiber?

Die IG LEBENSZYKLUS BAU war am 2. Oktober eingeladen, die Abschlussdiskussion des 3. BIM-Forums von Business Circle zu moderieren. Unter der Leitung von Sven P. Jakobson von der IG LEBENSZYKLUS BAU diskutierten Florian Danner, M.O.O.CON, Christopher Poput, DI Wilhelm Sedlak GmbH, Erich Kotroczo, SIDE und Norbert Erlach, Architekt, denk-x.net –durchaus kontrovers – über aktuelle Fragestellungen rund um die Integration von BIM Prozessen im Lebenszyklus von Gebäuden.

 

Christopher Poput, bei der DI Wilhelm Sedlak GmbH für BIM Kalkulation verantwortlich, sieht den Mehrwert für Errichter im Moment vor allem in der Kalkulationsphase, in der „Sicherheit betreffend Mengen, Massen und Kosten“, was einen „Vorteil in der Angebotsphase“ bedeutet. In der Zukunft erwartet er sich durch die Einbindung von BIM vor allem Verbesserungen in der Qualitätskontrolle und Dokumentation auf der Baustelle: „BIM ermöglicht endlich eine Single Source of Truth, statt dem aktuellen Vertragskonvolut.“

 

Aktuell stellt sich für alle Diskutierenden oft die Frage, wer die Kosten für die Implementierung von BIM tragen soll. „Gerade für KMUs bedeutet BIM ein größeres Investment, und die große Mehrzahl der Projekte wird noch ohne BIM geplant, vor allem im Wohnbau“ gibt Florian Danner, Prozess- und Strategieberater von M.O.O.CON, zu bedenken. Dieses Verhältnis würde sich bei Großprojekten und Bürogebäuden aber schon verändern, und der Wohnbausektor werde unweigerlich nachziehen. „In Zukunft wird es umgekehrt sein, und der Großteil der Projekte wird mit BIM geplant werden.“ Man dürfe hier den Anschluss nicht verpassen.

 

Sind BIM Daten sicher und langfristig nutzbar?

 

Oft gehörte Bedenken, was die Datensicherheit von BIM-gestützten Projekten angeht, und ob Baufirmen die Kompetenz haben, damit sicher umzugehen, möchte das Panel nicht gelten lassen; Florian Danner bezeichnet das sogar als „Ausrede“: „Dieselben Daten sind im Moment oft auf USB-Sticks oder werden in E-Mails verschickt. Das ist viel unsicherer, als sie gesammelt an einem Ort zu haben.“ BIM-Experte Erich Kotroczo vergleicht die Situation mit Online-Banking: “Auch die meisten Banken waren keine Experten, was z.B. Datensicherheit bei Banking via App angeht, und jetzt verwenden es alle. Außerdem weiß ich aus eigener Erfahrung in der Praxis, dass wir bei über 60 BIM Projekten nie ein tatsächliches Problem mit Datensicherheit hatten.“

 

Architekt Norbert Erlach sieht das Problem weniger bei der Sicherung als bei der langfristigen Nutzung der gesammelten Daten: „Nur fünf Prozent der bei Planung und Errichtung erfassten Daten werden im Facility Management gebraucht, ein noch viel kleinerer Teil für das Recycling – also etwa, dass man beim Gebäudeabbruch weiß, wo welches Material verbaut wurde. Wissen wir, ob diese Information in Jahrzenten noch gefunden und genutzt werden kann? Ich habe noch erlebt, dass Bauprojekte auf Floppy Discs gespeichert wurden, diese Daten wird niemand mehr lesen. Es braucht hier also auch Datenmanagement und Datenpflege.“

 

„Das Ziel ist, dass mit der richtigen Anwendung mehr als fünf Prozent für Facility Management nutzbar und genutzt werden,“ hält Erich Kotroczo entgegen. Dies und andere BIM-Vorteile sind aber nur möglich, wenn, so Florian Danner, „die Technologie richtig genutzt, früh in Prozesse integriert und über den gesamten Lebenszyklus eingeplant wird.“ Das scheitert im Moment auch an der Struktur der Branche, so Norbert Erlach: „Wer plant und wer nutzt, klafft auseinander – Stichwort Auftraggeber-Qualität.“

 

Dem stimmt auch Florian Danner zu: „Das Interesse von Entscheidern in der Planungs- und Bauphase – also etwa Investoren, Gremien – am Lebenszyklus ist zu gering, denn sie erleben die Nutzungsphase oft nicht mehr mit. Der Nutzen für den Nachfolger – also den Betreiber, den späteren Besitzer – ist egal, wenn es mich im Moment etwas kostet. Also investieren in BIM oft nur Idealisten, oder Großprojekte, bei denen Bauherr und Eigentümer deckungsgleich sind.“

 

Wo stehen BIM – und die Baubranche – in 10 Jahren?

 

Das Panel ist sich einig, dass BIM Nutzung leider nicht automatisch „grüne“ Gebäude bedeutet. „Technisch wäre es möglich, jedes Projekt von Anfang an auf Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu prüfen, und auch während des Lebenszyklus dahingehend zu optimieren,“ so Erich Kotroczo. „Leider ist das im Moment nicht der Fokus, aber eigentlich schaffen haben wir hiermit das perfekte System dafür.“

 

In seiner Zukunftsvision möchte er über den Einsatz von BIM und künstlicher Intelligenz, die sich auf Daten daraus stützt, die Menschen aus der Gefahrenzone Baustelle bringen: „Für mich hat überall dort, wo man einen Helm zum Arbeiten tragen muss, der Mensch nichts verloren.“ Christopher Poput erwartet, mit BIM effizient und sicherer zu bauen: “Wir wollen mehr wissen und besser bewerten – und, dass in 10 Jahren alle mit BIM arbeiten können.“

 

Norbert Erlach wünscht sich „Entwerfen über KI und Data Driven Design statt Architect Superstars, und, dass die Baustelle in die Halle wandert“. Für Florian Danner wird BIM in 10 Jahren schlicht „angekommen sein.“


Das könnte Sie auch interessieren...