Trend-Report
Humanökonomie
Menschlichkeit und globalwirtschaftliche Maschinerie, so scheint es, stehen oft in starkem Widerspruch zueinander. Denn kontinuierliches Wachstum, permanente Verfügbarkeit und immer schnellere, effizientere Produktions- und Lieferketten fordern ihren Tribut. Das betrifft auch die Baubranche: Trotz Digitalisierung und trotz einer verhältnismäßig hohen Respektkultur im europäischen Business-Milieu prosperiert auch die Bauwirtschaft oft auf Kosten derer, die sie am Leben halten und denen sie letztendlich auch dienen soll – der Menschen.
2008 ist Bernt Knaubers Buch „Humanökonomie. Die ethische Aufgabe der Globalisierung“ erschienen. Daran möchten wir uns orientieren – und hoffen auf die Realitätswerdung einer Vision, die im ökonomischen Kontext endlich wieder den Menschen hinter den Kulissen respektiert. Humanökonomie hinterfragt unser aktuelles Wirtschaftssystem, fordert eine gesellschaftliche Verhaltensänderung und stellt als Alternative das Konzept der Suffizienz, der Genügsamkeit zur Diskussion.
Am 1. Jänner 2023 tritt in Deutschland für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Demnach müssen Lieferant*innen nachweisen, dass am gesamten Weg von der Rohstoffquelle über die primäre Produktionsstätte bis hin zur Montage vor Ort soziale und ökologische Mindeststandards eingehalten wurden. Ein Jahr später fallen auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen in den Anwendungsbereich des LkSG. Auf europäischer Ebene arbeitet man bereits an einer Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten, die bald auch in Österreich verbindlich sein wird. Die Zivilgesellschaft wird langfristig ein integraler Bestandteil unternehmerischen Denkens und Handelns. Denn Fair Trade betrifft auch die Bauindustrie und Immobilienwirtschaft. Eine große Vision. Daher nur ein halber Punkt.